56. Amtsköste

56. Amtsköste

Trotz Krise - Handwerk hat immer noch goldenen Boden

Energiekrise und Fachkräftesicherung waren die Schwerpunktthemen der 56. Amtsköste. Geselligkeit wurde großgeschrieben beim traditionellen Treffen der Spitzen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Handwerk, aber trotzdem gab es auch Kritik.

Dass die Energiewende nur mit dem Handwerk zu schaffen sei, betonte Ralf Stamer, Präsident der Handwerkskammer Lübeck. „Wir sind die Umsetzer der Energie- und Klimawende. Durch den Energiepreisschock der letzten Monate haben Politik, Wirtschaft und Privathaushalte hoffentlich verstanden, dass eine beschleunigte Energiewende ohne das Handwerk nicht möglich sein wird“, so Stamer anlässlich der 56.Amtsköste vor 90 Gästen, zu der die Kreishandwerkerschaft Mittelholstein am 17. November ins Hotel Prisma in Neumünster geladen hatte.

An das große Thema Energiewende knüpfte sich zugleich ein Kernthema des Wirtschaftszweigs, nämlich die Sicherung des Nachwuchses. Kreishandwerksmeister Lars Krückmann machte deutlich: „Wenn wir die Energiekrise schaffen wollen, brauchen wir gut ausgebildete Nachwuchskräfte in modernen Werkstätten.“ Zur Gewinnung des jungen Nachwuchses sei es maßgeblich, dass berufliche und akademische Bildung Gleichwertigkeit erlange. „Es muss endlich Schluss damit sein, dass das Studium als gesellschaftliches Nonplusultra der gesamten jungen Generation gilt“, betonte Stamer und forderte einen „grundlegenden Mentalitätswandel im Bildungswesen und in der Gesellschaft.“ Dafür nahm der Handwerkskammerpräsident die Politik nur zum Teil in die Pflicht; sie solle zwar bereits in der Schule die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich junge Menschen für das Handwerk interessieren. Auch sei ein Azubi-Ticket eine attraktive Rahmenbedingung. Aber die Handwerksbetriebe selbst müssen sich attraktiv präsentieren. Dazu gehöre es, auf die Bedürfnisse der Beschäftigten zu schauen und gegebenenfalls zum Beispiel vom traditionellen Modell der Fünf-Tage-Woche abzurücken. Auch seien die sozialen Medien heute der zentrale Weg, um junge Menschen zu erreichen.

Über 130 Ausbildungsberufe - Das verlässliche Rückgrat

Lars Krückmann appellierte auch an die Leiter der regionalen Bildungszentren, mit denen die Kreishandwerkerschaft 2020 eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben hat: „Wir möchten diese Vereinbarung jetzt mit Leben füllen.“ In diesem Jahr gab es mit 750 neuen Ausbildungsverträgen in der Region Mittelholstein weniger als 2019 mit noch über 900 Verträgen. „Dabei bietet das Handwerk so viel! Über 130 Ausbildungsberufe, großartige Karrierechancen, ein gutes Einkommen und ein großartiges Team, das wie eine zweite Familie sein kann“, warb Krückmann.

Die Bedeutung des Handwerks würdigte auch Neumünsters Oberbürgermeister Tobias Bergmann (SPD): „Sie sind der Lehrherr Nummer Eins. Mit fast 5000 Arbeitsplätzen in unserer Stadt ist das Handwerk nach wie vor das verlässliche Rückgrat der heimischen Wirtschaft. Das Handwerk trägt eindeutig zur Stabilisierung unseres Gesellschaftssystems bei.“ In dem Zuge nannte der Oberbürgermeister Zahlen: „Im Jahr 2022 hat die Stadt im Hochbau mit einem Auftragsvolumen von rund 26,9 Millionen Euro investiert, im Tiefbau und in der Landschaftspflege 13,6 Millionen Euro.“ Ein Großteil der Aufträge sei an Unternehmen der Region gegangen.

Lars Krückmann mahnte jedoch mit Blick auf geplante Bauvorhaben der Stadt: „Gestalten Sie die Ausschreibungen so, dass das regionale Handwerk teilnehmen kann. Nutzen Sie Ihren Spielraum, um das regionale Handwerk zu stärken. Generalunternehmen oder Modulbauweisen halten wir für nicht förderlich.“

Keine Glanzleistung der Politik

Kammerpräsident Stamer sparte nicht mit Kritik an der Bundespolitik, als er die Probleme der Gewerke angesichts horrender Energiepreise ausführte: „Die massiv gestiegenen Energiepreise betreffen ausnahmslos alle Handwerksbetriebe. Gewerke wie Bäcker, Fleischer, Textilreiniger und andere mit hohem Gasverbrauch können die Kostensteigerung inzwischen nicht mehr an die Kunden weitergeben. Da hat die Politik bei der Lösung des Problems keine Glanzleistung abgeliefert. Mittelstand und Handwerk wurden lange stiefmütterlich behandelt.“

Ralf Stamer begrüßte hingegen die Einführung der Strompreisbremse. Allerdings sei die Gaspreisbremse mit einem Deckel bei 12 Cent je Kilowattstunde für 80 Prozent des bisherigen Durchschnittsverbrauchs noch nicht terminiert, was eine Förderlücke von mindestens einen Monat mit sich bringe.

Dank an das Ehrenamt

Mit Hinblick auf das Ziel der Stadt Neumünster, bis 2035 klimaneutral zu werden, wagte Tobias Bergmann für das Handwerk einen optimistischen Blick in die Zukunft. Die energetische Sanierung von Gebäuden bringe eine Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien mit sich wie Solarthermie- und Photovoltaikanlagen, und auch Wärmepumpen werden zunehmend eine Rolle spielen. Bergmann: „Diese Themen können – trotz der bekannten aktuellen Lieferschwierigkeiten eine große Chance für das Handwerk werden.“ Und auch Kreishandwerksmeister Lars Krückmann ist sich trotz vieler Herausforderungen sicher: „Handwerk hat noch immer goldenen Boden.“

Einen Beitrag dafür leiste auch das Ehrenamt, bekräftigte der Kreishandwerksmeister: „Mit euren Ehrenämtern füllt ihr die Innungen und Kreishandwerkerschaft mit Leben. Ihr tragt damit sehr zum Wohle unserer Gesellschaft und unserer handwerklichen Berufsstände bei.“

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